Die Abfahrt nahte, schon um 18.30 Uhr, rund eine Stunde nach dem Schlusspfiff, fuhr der Mannschaftsbus des FC Schalke 04 nach dem 1:1 (0:0) beim FC Augsburg in Richtung Flughafen. In der Kabine musste es eigentlich zack, zack gehen - als einer der letzten kam Marius Bülter.
Nachdem er per Elfmeter in der 90. Minute den Ausgleich erzielt hatte, war er ein gefragter Gesprächspartner - und er hatte noch etwas vor: Für ihn stand die erste Fahrt zum ZDF-Sportstudio nach Mainz an. Da musste die Frisur natürlich sitzen.
Bülter, 29 Jahre alt, erlebt in seiner außergewöhnlichen Karriere gerade die wildesten Wochen. In den vergangenen vier Spielen gelang ihm jeweils ein Tor - der Hackentreffer zum zwischenzeitlichen 2:0 gegen den VfB Stuttgart wurde von den Zuschauern der ARD-Sportschau sogar zum "Tor des Monats Februar" gekürt. Eine Nachricht, die Schalke verbreitete, als sich Bülter auf dem Weg nach Mainz befand.
Dort zeigte der bodenständige Bülter einen sympathischen Auftritt - und sprach über seinen steinigen Weg in den Profifußball. Denn Bülter gelang der Sprung erst im Alter von 25 Jahren. Den Traum von der großen Karriere hatte er zum damaligen Zeitpunkt eigentlich schon abgelegt. Denn als 18-Jähriger wurde Bülter im Nachwuchs von Preußen Münster aussortiert. "Auf dem Sprung zur U19 wurde mir gesagt wurde, dass es nicht mehr weitergeht. Das war natürlich nicht so schön", berichtete er im Sportstudio.
An die Gründe dafür konnte sich Bülter nicht mehr erinnern. Wohl aber daran, "dass ich es in dem Moment nicht akzeptiert und nicht eingesehen habe". Lachend fügte Bülter hinzu: "Im Nachhinein hatte ich ja auch Recht."
Nach seiner Ausmusterung in Münster widmete sich Bülter einem Maschinenbau-Studium in Osnabrück. Über die Westfalen-Oberligisten SuS Neuenkirchen und Eintracht Rheine schaffte er den Sprung zum SV Rödinghausen in die Regionalliga West, ehe er als Torschützenkönig der Saison 2017/18 vom Zweitligisten 1. FC Magdeburg verpflichtet wurde. Ein Jahr später lief Bülter für Union Berlin in der Bundesliga auf. Nun hatte er es doch geschafft.
Und das alles ohne Ausbildung in einem Nachwuchsleistungszentrum. Der Angreifer sieht seinen unkonventionellen Weg aber eher als Vorteil: "Vielleicht ist es ein Stück weit die Unbekümmertheit, dass man mir nicht immer gesagt hat, wo ich hinzulaufen habe. Ich habe manchmal Sachen drauf, von denen man nachher nicht so genau weiß, was das war."